TAKE ME HIGHER! – Der Lasörling-Höhenweg in Osttirol, nebst Abwegen. TEIL 5

5. Tag – Donnerstag, 5. August 2010
[ Neue Reichenberger Hütte (2588m) -> Clarahütte (2038m) ]




Blick nach Süden ins Trojer Tal.



Morgens um 7 Uhr der erste Blick aus dem Fenster. Es ist alles weiß. Nebel. Kreisch! Wie sollen wir so den Weg finden, wenn wir nichts sehen? Was, wenn wir uns versteigen?? Na, gut, dass D. einen, äh, Kompass dabei hat. Man müsste dann nur noch wissen, in welche Richtung genau man muss ...







Später bricht der Nebel etwas auf. Wir gehen los um 9:30. Vorher kaufe ich mir noch eine Anstecknadel: ”Förderer-der-Bergwacht-Prägraten“. Sehr cool. Alle Regenklamotten werden angezogen. Der Rudi-Tham-Weg geht zunächst recht lange eben dahin, manchmal auch leicht bergan. Im Nebel tauchen manchmal Wasserfälle und Schneefelder auf. Sehr mystisch. Runter ins Tal kommen wir ja so nicht! Dafür gibts an der Daber Lenke (2631m) nochmal einen Stempel in einer Kiste.



Mystische Ausblicke am Rudi-Tham-Weg.

Irgendwann biegt das hohe, schroffe Tal nach rechts, nach Süden ab. Und wird immer steiler. Das Dabertal. Der schmale Pfad windet sich auf sehr steil abfallenden Grashängen entlang, ohne dass es merklich bergab ginge. Immer wieder sind schmale Rinnen von Bächlein oder Erdmoränen zu queren. Irgendwann geht der Steig sogar wieder bergauf, und die Hänge werden noch steiler. Habe ich erwähnt, dass es die ganze Zeit regnet? Zur Linken in der Tiefe rauscht der Großbach, bisweilen von Restschneebrücken überspannt.



Weit unten in der Schlucht des Dabertals:
Schneereste, die wie meterdickes styropor aussehen.


Jetzt ist der Weg auch noch versichert; ein schlabberiges Drahtseil, das sich in Kniehöhe am Hang entlangschlängelt, so dass ich mich bücken muss, und das mir sofort "Gefahr!" suggeriert.
Es regnet unaufhörlich, meine Brillengläser sind nass, und meine Waden wollen gar nicht mehr bergauf gehen. Ich fluche innerlich, und versuche, das schmale, nasse und glitschige Pfadstück so schnell und konzentriert wie möglich hinter mich zu bringen. Jetzt bloß nicht ausrutschen, dann wär man weg. Zerschmettert in der Schlucht! Kreisch!) ... das ist das bisher gefährlichste Stück der ganzen Tour, wer hätte das gedacht.

... Der Pfad wird wieder moderater, und endlich endlich erreichen wir den Abzweig ins Umballtal, den wir schon die ganze Zeit von weitem sehen konnten. Dazu müssen wir zur Isel heruntersteigen, eine kleine Metallbrücke überqueren, um auf der anderen Seite wieder ein paar Meter hinauf auf den Wanderweg zur Clarahütte zu gelangen. Wir erreichen sie auf ebenem Wege nach 20 Minuten, begleitet von einem Paar schwarzer Schafe.



Endlich erreicht: Die Brücke über die Isel im Umballtal

Die Clarahütte (2038m): ein flaches, einstöckiges Häusschen, an den Hang geschmiegt. Davor Sonnenschirme. Aber es regnet ja immer noch in Strömen. Drinnen in der Gaststube haben sich dennoch eine ganze Reihe unverzagte Wander*innen eingefunden. Ich ziehe möglichst viele nasse Sachen aus und versuche, sie diskret um unseren Tisch herum zu drapieren. Wir nehmen dann auch schon mal unser Lager in Beschlag. Es gibt gratis Ohrstöpsel, sehr fein!



Die Clarahütte (2038m)

Schlipfkrapfen in brauner Butter mit Schnittlauch. Köstlich!
Es regnet. Und regnet. Und regnet. Unsere Sachen sind feucht und klamm. Dennoch hält es mich irgendwann nicht mehr in der Hütte. Ich schlupfe in nasse Socken und Schuhe und melde mich ab für einen frühabendlichen Spaziergang. Ich folge der Isel flussaufwärts. Das Flusstal weitet sich und wird flacher. An den Hängen grast weißes und schwarzes Getier. Alles leider eher Schafe als Gemsen oder gar Steinböcke. Selbst die würden nicht so dämlich sein, und sich bei solchem Wetter vor die Tür wagen!

Nach einer halben Stunde führt der Pfad links über eine weitere Brücke über den Fluss. Hier teilt sich der Weg. Auf einem Felsen steht in weißer Farbe gepinselt: "zum Gletscher". Gemeint ist der Umballkees unterhalb der Dreiherrenspitze südlich des Großvenediger. Das klingt verheißungsvoll, und ich folge dem "Gletscherpfad" noch ein Weilchen. Aber es ist einfach zu weit, und die Steige unter meinen Füßen haben sich mittlerweile in kleine Bächlein verwandelt. Vom Gletscher bekomme ich leider nichts zu Gesicht. Ich kehre um. Es ist auch Zeit fürs Abendessen.


Spaghetti Bolognese. Und dazu ein Bier. Ein Traum! Wieder Cigarillo-Pause vor der Hütte, unter einen kleinen Zeltdach. Die beiden Hüttenwirtinnen gehen stündlich nach draußen, zur Zigarettenpause, und um ihren Hund an die frische Luft zu bringen. Viel raucht man eh nicht bei der Witterung, brrrr.


Umsteigen von Bier auf Rotwein. Und Schachspiel. Ich habe seit 25 Jahren nicht mehr gespielt, und so bin ich recht stolz, dass es bei der dritten Partie dann doch ziemlich lange dauert, bis ich verliere.


Übernachtung im Lager. Dank meiner mitgeführten Wachs-Ohropax höre ich fast gar nichts. Außer uns gibt es noch drei Mitschläfer. Einer der dreien darf/muss jedoch ins andere Lager. Wahrscheinlich schnarcht er. Fein.

[ Fortsetzung folgt. Versäumen Sie nicht den nächsten, 6. und letzten Teil der dramatischen Berg-Saga! ]

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